30 Tage vegetarisch – Ein Selbstversuch

Ich war noch nie eine große Fleischesserin. Schon als Kind wollte ich beim Mittagessen immer alles „bitte mit wenig Fleisch“. Mit dem Gedanken gespielt vegetarisch zu werden, habe ich schon seit einiger Zeit, mir sind aber doch immer Ausreden eingefallen, warum es nicht gehen würde: Ich kann nicht kochen, dementsprechend kenne ich zu wenig (leckere) Alternativen. Was, wenn im Sommer dann doch spontan gegrillt wird? Ich möchte nicht immer diejenige mit der Extra-Wurst (hehe) sein, usw. Und dann war da immer der abschreckende Gedanke des Verzichts. Ich esse für mein Leben gern ein gutes Stück Rindersteak – am besten medium rare, schön blutig. Darauf kann ich nicht verzichten. Eine gute Currywurst ist super lecker. Darauf kann ich nicht verzichten. Leberkäse? Darauf kann ich nicht verzichten. 

Aber genau jetzt werde ich darauf verzichten – und zwar genau einen Monat. Dann wird sich hoffentlich herausstellen, ob ich wirklich auf Fleisch in meiner Ernährung angewiesen bin und von das Gefühl von Verzicht wirklich aufkommen wird. Immer nur mit dem Gedanken zu spielen mich vegetarisch zu ernähren, bringt mir keine neuen Erkenntnisse. Deshalb habe ich mich dem Selbstversuch gestellt und einen Monat auf Fleisch und Fisch verzichtet. 

Tag 1 – Auf geht’s! 

Der erste Tag ist mir sehr leicht gefallen. Zum Frühstück gab es Overnight Oats, mittags einen großen gemischten Salat und abends Bot mit verschiedenen Aufstrichen. Meine einzige Befürchtung: auf Dauer wird das langweilig. Außerdem esse ich gerne einmal am Tag eine warme Mahlzeit, meistens abends. Da ich absolut keine begnadete Köchin bin, habe ich mir vorgenommen nach einfachen, und vor allem schnellen, vegetarischen Rezepten zu suchen. In den nächsten Tagen werde ich mich je nach Lust, Laune und Motivation durchprobieren. Die andere Alternative: Nudeln mit Pesto. Da ich mit allerdings fest vorgenommen habe zu kochen, versuche ich das auf jeden Fall zu vermeiden. Auf Pinterest habe ich euch übrigens eine Pinnwand mit leckeren vegetarischen Rezepten zusammengestellt.

Nach einer Woche – doch kein Chefkoch?: 

Bereits am dritten Tag gab es – Überraschung – Nudeln mit Pesto. Ehrlich gesagt hat das meiner Laune einen kleinen Dämpfer verpasst und ich war ein bisschen von mir selbst enttäuscht. Immerhin hatte ich mir vorgenommen nicht faul zu sein und neue, tolle Rezepte zu entdecken. Geschmeckt hat es trotzdem und ehrlich gesagt erinnert mich das Gericht an meine Studienzeit, an die ich sehr gerne zurückdenke.

Mein Umfeld reagiert überraschend einsichtig, wenn ich von meinem Selbstversuch erzähle. Ich habe in meinem Freundeskreis scheinbar einige, die ebenfalls nur sehr selten mit Fleisch kochen. Das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen, hatte ich bei niemandem. Zwar waren auch die typischen Kommentare dabei, wie “also für mich wäre das nichts” und “der Mensch braucht Fleisch” dabei, aber das ist ja auch okay. Immerhin wollte ich niemanden bekehren, sondern das Ganze für mich ausprobieren. 

Als dann jedoch mein Chef im Büro netterweise in der Früh Käse-Laugenstangen mit Speck mitgebracht hat, hatte ich zwei Möglichkeiten: dankend ablehnen und kurz erklären, dass ich im Moment kein Fleisch esse, oder alle Speckstückchen herauspuhlen. Jeder normale Mensch mit gesundem Menschenverstand hätte sich wahrscheinlich für Option Eins erschienen. Doch scheinbar habe ich in diesem Moment nicht zu dieser Sorte Mensch gehört: Meine Soziale Awkwardness hat zugeschlagen und ich habe lieber vorsichtig alle Stückchen Speck aus dem Käse heraus gefriemelt, als mich als vegetarisch zu outen. In diesem Moment hatte ich einfach keine Lust mich erklären zu müssen. Trotzdem nicht gerade mein stolzester Moment.


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Halbzeit, nach zwei Wochen – die Sache mit der Currywurst…: 

Fleisch fehlt mir erstaunlich wenig und vegetarisch zu essen fällt mir bis jetzt leicht. Am Wochenende wartet jedoch eine kleine Herausforderung auf mich: Meine Oma hat Geburtstag und wir gehen zur Feier des Tages mit der ganzen Familie in einen Biergarten. Normalerweise würde ich in diesem Fall Currywurst essen – geht aber natürlich nicht. Da werde ich in die Situation kommen, wo ich sehen werde, wie schwer es mir fallen wird kein Fleischgericht zu bestellen. 

Update: Tatsächlich gab es im Biergarten die erste Situation, in dem ich einen kleinen inneren Kampf mit mir ausfechten musste. Sowohl die bayerische, als auch die schwäbische Küche ist nicht gerade für ihre fleischlose Gerichte bekannt. Also gab’s bei den anderen besagte Currywurst und Wurstsalat, während ich mich für eine Brotzeitplatte mit dreierlei Frischkäse-Varianten entschied. Übriges auch sehr lecker! 

nach drei Wochen – back in the game:

Ich koche wieder viel selbst und ich habe tatsächlich viele neue Gerichte ausprobiert. Von Couscous-Salaten, über Ofengemüse mit Feta-Käse, Kartoffel-Zucchini-Puffer bis hin zu Nudeln mit vegetarischer Bolognese-Soße war alles dabei. 

Übrigens vegetarisches Hackfleisch bzw. Fleischersatzprodukte: Mir schmeckt einfach kein Tofu, zumindest nicht, wenn ich es zubereitet habe. Da hab ich irgendwie noch nicht den Dreh raus bekommen, habe aber auch noch nicht aufgegeben. Wenn ihr Tipps habt, wie man Tofu lecker zubereiten kann, dann immer her damit! Ansonsten habe ich zwei Ersatzprodukte ausprobiert: Vegetarische Burger-Patties und vegetarisches Hackfleisch, beides von Lidl. Grundsätzlich muss man als Vegetarier natürlich nicht auf solche Ersatzprodukte zurückgreifen, beziehungsweise ist man nicht so darauf angewiesen, wie manche Fleischesser meinen. Allerdings finde ich es eine super Alternative, wenn man tatsächlich einen fleischähnlichen Geschmack schmecken möchte. Vor allem wenn man aus ethischen Gründen auf Fleisch verzichtet.

Ich muss sagen, die Ersatzprodukte, die ich probiert habe, waren super. Rein optisch kann man es im gebratenen Zustand nur schwer vom richtigen Fleisch unterscheiden und auch geschmacklich ist man sehr nah am “Original”. Vor allem im verarbeiteten Zustand (im ganzen Burger/in der Bolognese-Soße) behaupte ich, dass man fast keinen Unterschied schmeckt. Ich finde es lecker und auch für Nicht-Vegetarier eine leckere Alternative für zwischendurch. 

vier Wochen vegetarisch – mein Fazit:

Mir wird immer bewusster, wie oft ich im Alltag Fleisch konsumiert habe und wie sehr ich das aus reiner Gewohnheit getan habe. Bis auf den Currywurst-Vorfall ist wieder alles wie in den letzten Wochen. Vegetarisch fällt mir leichter als erwartet und ich bin schon fast ein bisschen enttäuscht, dass ich es nicht früher ausprobiert habe. Nach einiger Zeit habe ich sogar fast vergessen, dass ich dieses Selbstexperiment mache. Bis auf das eine Mal im Biergarten hat mir in meinem Alltag nichts gefehlt. 

Das auswärtige Essen ist eben noch ein bisschen schwierig. In Großstädten haben sich die meisten Restaurants schon angepasst, in meiner Kleinstadt ist das schon etwas schwieriger. Irgendetwas findet sich immer auf der Karte, die große vegetarische Auswahl hat man jedoch noch nicht. 

Ich spreche hier in meinem Beitrag viel von verzichten – in diesem Zusammenhang meist negativ konnotiert. Im Verlauf des letzten Monats habe ich jedoch bemerkt, dass kein Fleisch zu essen bei mir kein negatives Gefühl hinterlässt. In schwierigen Momenten hat es mir geholfen anstatt von “ich darf das nicht essen” “ich esse das nicht” zu sagen oder zu denken. So fällt der Gedanke des Verzichts oder des Verbots weg. 

Große positive Nebeneffekte, wie andere sie beschreiben, habe ich bei mir nicht erkannt. Weder ist meine Haut reiner geworden, noch fühle ich mich energievoller oder fitter. Auch Gewicht habe ich nicht wirklich verloren. Allerdings ist auch nicht das Gegenteil eingetroffen, es hat keine erkennbaren Nachteile mit sich gebracht. Allerdings esse ich durch die Umstellung deutlich mehr Gemüse und ich habe endlich damit begonnen, mich mit meiner Ernährung genauer auseinanderzusetzen. Durchaus ein positiver Effekt. 

Was nun? Ich werde auch weiterhin Fleisch aus meiner Ernährung streichen und vegetarisch essen – vor allem in meinem Alltag. Wenn ich allerdings zu besonderen Anlässen unbedingt ein gutes Stück Rinderfilet essen möchte, mache ich das vielleicht. Genau überlegt habe ich mir das noch nicht. 

Folge:

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